Ein Projektmanagement Office (PMO) einführen, ja oder nein? Diese Frage stellen sich viele Unternehmen, die ihr Projektgeschäft professionalisieren wollen. Einige lassen sich von den zahlreichen Unwägbarkeiten abschrecken.

Andere stürzen sich direkt ins Abenteuer, müssen aber wegen mangelnder Vorbereitung schnell das Handtuch werfen. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie die gängigsten Probleme umschiffen und Ihr PMO schnellstmöglich seetauglich machen.

Das Abenteuer Projektmanagement Office

Viele romantisch verklärte Abenteuergeschichten beginnen mit einer aufregenden Reise: Wagemutige Entdecker brechen auf in unerforschte Dschungel, erklimmen schwindelerregende Höhen oder erkunden die Weiten der Weltmeere.

Was dem begeisterten Abenteuerfan jedoch meist vorenthalten wird: Jedes Abenteuer erfordert Vorbereitungszeit und akribische Planung. Vor glorreichen Erfolgen steht meist ermüdende Organisationsarbeit.

Jedem, der im Projektmanagement tätig ist, dürfte das bekannt vorkommen: Bevor die Projektbesatzung mit vollen Segeln in See stechen kann und großartige Ziele erreicht, wurden meist hunderte Stunden in Stakeholder- und Umfeldanalyse investiert. Keine glorreiche Aufgabe, aber eine notwendige.

Auch ein Projektmanagement Office einzuführen, ist ein abenteuerliches Projekt. Überall liest man von den vielfältigen Chancen, die PMOs im Projektmanagement bieten. Vom organisatorischen Aufwand, den eine solche PMO-Einführung mit sich bringt, liest man jedoch wenig. Wenig liest man auch von den zahlreichen gescheiterten Versuchen.

Ein Projektmanagement Office, das bei Gegenwind funktionstüchtig bleibt, auch in unruhigem Gewässer nicht kentert und keine Meuterei der Mannschaft hervorruft, ist keine leichte Aufgabe. Um dieses erfolgreich meistern zu können, braucht es viel Vorbereitungszeit und gründliche Planung.

Veränderung erzeugt Widerstand

PMOs bedeuten Veränderung. Menschen reagieren auf Veränderung meist mit Widerstand. Keiner von uns lässt sich gerne aus seiner Komfortzone schubsen. Wenn es doch geschieht, reagieren wir ungehalten.

Dass Menschen ihre Gewohnheiten und ihr Weltbild nicht gerne durcheinandergebracht sehen, ist nichts Neues: Kolumbus musste erst Amerika entdecken, bevor die Menschen einsahen, dass Fortschritt nur durch Veränderung kommen kann.

Auch im Projektmanagement existieren jede Menge veraltete Denkweisen und verkrustete Strukturen, die nur praktiziert werden, weil es halt schon immer so war. PMOs brechen diese Strukturen auf und bringen frischen Wind in verstaubte Praktiken. Selten sind alle Beteiligte glücklich darüber.

Wie bei allen Abenteuern steht und fällt der Erfolg eines frisch eingeführten Projektmanagement Office jedoch mit der Zustimmung und dem Zusammenhalt der Beteiligten.

Der erste Schritt der PMO-Einführung sollte also sein, Rahmenbedingungen zu erkennen und die unternehmenseigene Projektkultur zu verstehen. Nur so kann Widerständen effektiv begegnet werden.

Wichtig ist auch zu erkennen, aus welcher Richtung Widerstände kommen. Dies hängt natürlich davon ab, woher der Wunsch nach Veränderung kommt. Vor der Einführung des PMO sollte also analysiert werden, woher der Anstoß der Veränderung kommt:

Bottom-up- oder Top-down-Einführung des Projektmanagement Office

Top-down

Kommt der Impuls von der Unternehmensleitung oder aus den Reihen des Managements, so wird von einer „Top-down“-Implementierung gesprochen. Die Ursachen hierfür sind meist der Wunsch nach Verbesserung der Prozesse, Effizienzsteigerung, Fehlerverringerung und bessere Vergleichbarkeit der Projekte.

Bottom-up

Manchmal kommt es jedoch auch vor, dass sich Projektverantwortliche und Projektmitarbeiter ein PMO wünschen. Mögliche Gründe sind die fehlende Einheitlichkeit der Projektmethoden, unzureichende Projektprozesse, begrenzte Karrieremöglichkeiten, Leidensdruck und andere.

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Je nach Richtung des Impulses kann es also zu Widerständen aus verschiedenen Richtungen kommen. Viele Verantwortliche fühlen sich jedoch von den PMOs in ihrer Souveränität bedroht und fürchten einen Machtverlust. Das kann einen allgemeinen Boykott des geplanten Projektmanagement Office zur Folge haben.

Tipp: Es gilt herauszufinden, wer von potentiellen Veränderungen betroffen ist. Wer fühlt sich davon eher gestärkt, wer fühlt sich geschwächt? Es wird immer eine Seite geben, die sich übervorteilt fühlen wird. Verlustausgleiche können Beteiligten Anreiz bieten, ihren Widerstand aufzugeben.

Kurz vorm Segelsetzen – Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Start

Organisatorische Voraussetzungen

In vielen Fällen kommt der Wunsch nach Veränderung von beiden Seiten. Ist dies der Fall, kann die Akzeptanz der Projektmitglieder sichergestellt und gleichzeitig genug Nachdruck des Managements garantiert werden.

Wird das Projektmanagement Office jedoch nur von einer Seite gewünscht, so kann die Erfolgswahrscheinlichkeit durch gezielte Überzeugungsarbeit gesteigert werden. Dies erfordert einiges an organisatorischem Aufwand:

Nur wenn die Ziele des PMOs allen Stakeholdern klar kommuniziert werden, ist ein Erfolg wahrscheinlich. Zeigen Sie den Kritikern also gemeinsame Vorteile und Verbesserungen auf. Das kann in Form von Diskussionsrunden, Workshops und Einzelgesprächen geschehen.

Dies ist zwar zeitintensiv, kann jedoch die Unterstützung dieser Seite gewinnen und die Erfolgswahrscheinlichkeit des PMOs immens erhöhen.

Möchte man widerspenstige Entscheider von der Notwendigkeit eines PMO überzeugen, so hilft häufig das Argument der verbesserten Transparenz: Die Aussicht qualitativ hochwertiger Informationen über verfügbare Ressourcen und Kapazitäten dürfte viele Zweifler überzeugen.

Kritische Projektleiter können hingegen mit dem Argument der administrativen Entlastung und standardisierter Projektmethoden umgestimmt werden.

 

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Tipp: Bei Veränderungen in Organisationen gibt es meist Gewinner und Verlierer. Eine Analyse der formellen und informellen Machtverhältnisse beugt jedoch späteren Schwierigkeiten vor. Aktivieren Sie die richtigen Stellen im Unternehmen, um später wichtige Unterstützung zu bekommen.

Strukturelle Voraussetzungen

Es ist soweit: Die Unternehmensführung hat endlich das „Okay“ für den neuen Kurs gegeben und die Kapitäne und Matrosen sind motiviert, endlich in See zu stechen. Jeder möchte seine Aufgaben erfüllen. Bevor nun aber endgültig die Segel gesetzt werden können, gilt es noch einige wichtige Dinge zu beachten.

Zunächst stellt sich die Frage ob die Unternehmensmitglieder inklusive Top-Management überhaupt gut genug für den neuen Kurs ausgebildet sind. Neue Gewässer bringen schließlich neue Herausforderungen und Gefahren mit sich.

Möchte man also sein Projektgeschäft auf einen neuen Kurs bringen, so sollten die Matrosen über gewisse Erfahrung verfügen. Es bietet sich außerdem an, dass sich die Entscheider zumindest grundsätzliches Projektwissen aneignen, um die Erfahrungsberichte ihrer Besatzung richtig einordnen zu können.

Soll das Projektmanagement Office neue Standards einführen, so ist das Mitwirken aller Kräfte gefragt. Projektmitarbeiter sollten ihr gesammeltes Projekt-Knowhow einbringen und das Management sollte permanente Unterstützung signalisieren.

Unternehmen mit viel Projektwissen können bei der PMO-Einführung durchaus davon profitieren. Festgefahrene suboptimale Projektmanagement-Strukturen und informelle Hierarchien und Meinungsbildner können jedoch eine Gefahr darstellen. Es gilt also, vorhandenes Wissen zu nutzen, und unnötigen Ballast abzuwerfen.

Sobald dies gegeben ist, können die Segel gesetzt werden und das Abenteuer kann beginnen.

Tipp: Wenn strukturelle Veränderungen des Projektgeschäfts diskutiert werden, ist es hilfreich, wenn bei allen Stakeholdern ein grundlegendes Verständnis für Projektmanagement vorhanden ist. Gute Kommunikation und die Integration und Partizipation relevanter „Player“ helfen, späteren Problemen vorzubeugen.

Erste Momente auf hoher See – was gilt es zu beachten?

Die Segel wurden gesetzt, der Hafen wurde verlassen und ein neuer Wind bläst stetig in Richtung neuer Ufer. Für ein Zurück ist es jetzt zu spät. Umzukehren käme einer empfindlichen Niederlage gleich.

Aber an ein Scheitern denkt momentan sowie noch niemand. Der Wind steht gut, die Mannschaft arbeitet wie ein Uhrwerk, die neuen Prozesse werden gelebt. Das Projektmanagement Office wurde eingeführt und ist arbeitsfähig.

Nun gilt es, nichts zu überstürzen. Die neuen Prozesse müssen ausgetestet, abgeändert und optimiert werden. Das PMOs sorgt für regen Erfahrungsaustausch und gestaltet weitere Prozesse anhand der gewonnen Erfahrungen. Permanentes Change Management ist hier das Motto.

Ungefähr ein bis zwei Jahre braucht ein PMO, um in neue Phasen einzutreten und neue Aufgaben zu übernehmen. Bis dahin sollten sämtliche Errungenschaften auf jeden Fall kommuniziert werden. Nur so kann die Akzeptanz des Projektmanagement Office gewahrt werden.

Tipp: Legen Sie den Fokus auf QuickWins und kommunizieren Sie diese. Sobald das PMO eingeführt wurde, kann nur noch über Erfolge argumentiert werden. Nur wenn das PMO wirklich etwas bringt, kann langfristige Akzeptanz garantiert werden. Eine neue einheitliche Planungsqualität oder eine zentrale Projektsteuerung könnten relevante QuickWins sein: Gibt es Kosten- und Ressourcenpläne für große Projekte, werden Projektleiter durch das PMO administrativ entlastet?

Fazit

Bei einem Abenteuer wie der Einführung eines PMOs gilt es, das Augenmerk auf formelle und informelle Machtstrukturen zu legen. Eine Stakeholder- und Umfeldanalyse ist ein guter Weg, um spätere Turbulenzen auf hoher See zu vermeiden.

Bei richtiger Vorbereitung können top-down und bottom-up-Kräfte gebündelt werden, sodass im wahrsten Sinne des Wortes alle an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, das PMO einzuführen.

Grundlegendes Projektmanagement-Wissen aller Beteiligten kann helfen, das Schiff auf Kurs zu bringen. QuickWins und kontinuierliches Change Management sorgen dafür, dass es auch auf Kurs bleibt und seine Aufgaben zielführend erledigen kann.

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