Teil 2: Experteninterview

 

www.intelliexperts.de Für den zweiten Teil unserer Trilogie zum Thema Nachhaltigkeit haben wir mit Dr. Thomas Riegler gesprochen, einem Experten auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit, einem Manager und erfahrenen Unternehmensberater. Wir haben ihn zu den aktuellen Entwicklungen, der Weltklimakonferenz in Dubai und seinen generellen Ansichten rund um das Thema Nachhaltigkeit befragt. Das komplette Interview finden Sie am Ende des Blogbeitrags verlinkt. 

Über Thomas Riegler

Dr. Thomas Riegler ist Partner der taskforce management-on-demand AG, Beirat und Partner der Sustainable Growth Associates (einer Beratung für Innovation und Nachhaltigkeit), sowie CEO und Mitbegründer von Vagabond Solutions, einer Blockchain-as-a-service Plattform. Derzeit ist er CEO in der EnBW Tochter DZ4 GmbH, dem Solarpionier Deutschlands. 

Thomas Riegler verfügt über mehr als 30 Jahre Berufserfahrung als Berater, Interim-Manager und Vorstandsmitglied in verschiedenen Branchen. Auf der ganzen Welt begleitet er Unternehmen die sich in Phasen des Umbruchs, der Neuausrichtung und Transformation befinden oder durch handfeste Krisen geführt werden. Er ist nicht nur ein ausgewiesener Spezialist für Business Transformation, Krisenbewältigung und Restrukturierung, sondern auch für Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Er setzt seine ganze Energie, Kompetenz und Erfahrung ein, um einen ‚wahrhaft‘ nachhaltigen Impact zu erzielen. Er war Vorstandsmitglied von Daimler-Konzerngesellschaften in Argentinien, Brasilien und Belgien, Chrysler Cooperation, Centrotherm Phovoltaics AG, Lenzing AG, Kontron AG, Webasto AG und Leica Camera AG und arbeitete als Partner der Strategieberatungsunternehmen Roland Berger und PWC. 

Seine weitreichende Branchenexpertise umfasst die Automobilindustrie, den Anlagen- und Maschinenbau, die alternative Energiewirtschaft, den Retail, sowie die Papier- und Zellstoffindustrie. 

Was genau versteht der Experte unter Nachhaltigkeit? 

Dr. Riegler bezieht sich bei seiner Definition des Wortes Nachhaltigkeit auf die von Natural Step. Das ist eine Nicht-Regierungsorganisation, die sich seit über 30 Jahren mit dem Themengebiet befasst.  Die Grundprämisse hierbei ist ganz einfach: „In einer nachhaltigen Gesellschaft und in einer nachhaltigen Wirtschaft gibt es keinen Abfall.“. Dieses naturalistische Prinzip beruht auf drei Aspekten: 

Beschränkung der Rohstoffentnahme: 

Es muss eine Begrenzung der intensiven Rohstoffgewinnung aus Biosphäre und Erdkruste geben, um sicherzustellen, dass die natürlichen Ressourcen nicht umfassend ausgebeutet werden. 

Verantwortungsvolle Verarbeitung: 

Es ist notwendig, bei der Verarbeitung von Rohstoffen eine geringe Konzentration beizubehalten. Dadurch kann die Biosphäre Rohstoffe verarbeiten und sie in geschlossenen Kreisläufen halten. 

Vermeidung von Naturzerstörung: 

Wir dürfen im Sinne der Nachhaltigkeit keinen Raubbau an der Natur durchführen. Dies schließt Gewässer, Böden und Wälder mit ein und hat zum Ziel ein harmonisches Ganzes entstehen zu lassen, ohne die Umwelt zu gefährden. 

Was sind die Ergebnisse und Eindrücke von der COP 28 in Dubai? 

Die Weltklimakonferenz beschäftigte sich laut Dr. Riegler im Grunde mit zwei Fragen: „Lässt sich das 1,5° (beziehungsweise angepasst 3°) Ziel noch erreichen? Und wenn ja, wie?“. Mit über 97.000 Teilnehmern aus 198 Ländern, und unter dem Beiwohnen zahlreicher Vertreter der Heavy Emitting Sectors (emissionsintensive Sektoren), herrschte laut Dr. Riegler eine beinahe “abartige” Stimmung. Trotz dessen wurden fünf gemeinsame Grundziele verabschiedet: 

  1. 130 Länder haben sich dazu verpflichtet ihre Kapazitäten im Sektor erneuerbare Energien bis 2030 zu verdreifachen und gleichzeitig dabei die Energieeffizienz zu verdoppeln.
  2. 40% der führenden Öl- und Gasunternehmen haben sich dazu verpflichtet ihren Methanausstoß bis 2030 an die sogenannte Near-Zero-Grenze zu bringen und zu versuchen bis 2050 komplett methanfrei zu produzieren.
  3. Die Heavy Emitting Sectors, das sind emissionsintensive Sektoren wie Zement, Stahl und Aluminium, haben beschlossen, Initiativen zur Beschleunigung des Transformationsprozesses hin zu grünerem Wirtschaften in ihrer Branche einzuleiten. 
  4. 150 Nationen haben sich dazu verpflichtet, mit einem Paket im Volumen von 2,3 Milliarden € die nachhaltige Landwirtschaft zu unterstützen und somit die Dekarbonisierungsrate zu verringern. Hier spielen artgerechte Landwirtschaft und die Vermeidung von Monokulturen eine übergeordnete Rolle. 
  5. Alle teilnehmenden Nationen haben sich darauf geeinigt, den sogenannten Loss-and-Damage-Fund um 85 Milliarden € zu erweitern, sodass dieser auf fast 800 Milliarden € ansteigt. Dieses Geld dient der Transformation hin zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft und der Erreichung der genannten Ziele. 

Bei aller Kritik findet es Dr. Riegler enorm wichtig, aufsteigende Industriestaaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate oder auch den nächsten Gastgeber Aserbaidschan mit in die Weltklimapolitik einzubeziehen und gerade in diesen Ländern die Transformation voranzutreiben. 

Green Wishing vs. Green Washing 

Vielen Unternehmen wird vorgeworfen „Pseudomaßnahmen“ zu praktizieren, um die Kritik der Vernachlässigung des Umweltschutzes von sich abweisen zu können. Dr. Riegler weist hier auf den wichtigen Unterschied zwischen Green Wishing und Green Washing hin: 

Green Wishing stellt den Wunsch dar, umweltfreundliche Ziele mit der eigenen Strategie zu vereinen. Das sei laut Dr. Riegler auf dem Papier lobenswert, deswegen wird auch in Hochglanzbroschüren damit geworben, jedoch ist es in der Realität oft am Ende nur eine Schönung der tatsächlichen Umsetzung.  

Green Washing ist die absichtliche Täuschung durch Unternehmen, die sich als umweltfreundlich geben und sogar Versprechungen auf diesem Gebiet aussprechen, ohne jedoch umweltfreundlich zu handeln oder sich an diese Versprechungen zu halten. Dies stellt ein großes Problem dar, das jedoch bereits vermehrt mit Gesetzen und Konsequenzen bekämpft wird. 

Reifegradmodell 

Dr. Thomas Riegler und seine Beratungsorganisation Sustainable Growth Associates haben ein fünfstufiges Reifegradmodell zur Unternehmensbewertung in Bezug auf Nachhaltigkeit entwickelt, welches er uns in der Kurzfassung erklärt hat: 

Die unterste Ebene auch „Blanderer“ genannt bilden demnach Unternehmen, die von sich behaupten, sie können oder wollen Nachhaltigkeit nicht integrieren, da dies ihrer Profitabilität schaden würde. Die nächste Ebene ist der sogenannte „Player“, welcher lediglich die gesetzlichen Rahmenbedingungen erfüllt und diese umsetzt. Die „Pragmatisten“ achten darauf, dass bei der Umsetzung nachhaltiger Ziele gleichzeitig die spezifischen Bedürfnisse ihrer Kunden befriedigt werden. „Pioniere“ sind Unternehmen, die Nachhaltigkeit als einen Teil ihrer Unternehmenskultur verstehen und bei der Umsetzung nachhaltiger Wirtschaft vorangehen. Die höchste Stufe auf dieser Bewertungsskala bilden die „Paradigmenshifter“, die den Zweck ihres Unternehmens dahingehend verstehen, die Transformation zu einer nachhaltigeren Welt und Wirtschaft voranzutreiben und dabei versuchen, andere Unternehmen zu motivieren es ihnen gleich zu tun. 

Fazit 

Für Dr. Riegler ist es sehr wichtig, über Nachhaltigkeit aufzuklären, sodass sie im nächsten Schritt auch in großen Unternehmen integriert werden kann. Zudem kann man auch als Privatperson viele Aspekte seines Lebens in Richtung Nachhaltigkeit umstellen, was natürlich auch mit Verzicht oder dem Verlassen der Komfortzone einhergeht. Zudem ist es immer hilfreich, einen Diskurs zu diesem Thema zu führen – egal ob im privaten oder im beruflichen Rahmen. Denn die Natur kennt keinen Abfall.  

Unser Experteninterview mit Dr. Thomas Riegler können Sie in voller Länge HIER ansehen. 

Der letzte Teil dieser Trilogie beschäftigt sich mit den Veränderungen, die Nachhaltigkeit im Projektmanagement mit sich bringt. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare und Nachfragen! 

Kennen Sie schon unsere Webseite www.intelliExperts.de? Schauen Sie doch mal vorbei! 

Video Time-Stamps: 

Min.: 02:34 – Vorstellung Dr. Thomas Riegler 

Min.: 06:05 – Definition ‘Nachhaltigkeit’ 

Min.: 10:55 – Einblicke und Fazit der COP23 

Min.: 25:18 – Reifegradmodell  

Min.: 31:12 – Welche Regularien kommen auf Unternehmen zu? 

Min.: 45:40 – Greenwashing vs. Greenwishing 

Min.: 50:55 – Ratingsysteme für das Themas Nachhaltigkeit