Als Projektassistenz ist man häufig erste Anlaufstelle bei Fragen und Wünschen des gesamten Projektteams. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, braucht es in der Kommunikation und als Persönlichkeit einen gesunden Mix aus Autorität und Einfühlungsvermögen. Auch das richtige Motivieren der Projektmitarbeiter will gelernt sein, genau wie im passenden Moment Verantwortung und Führung zu übernehmen. Nur wo bekommt man all diese Fähigkeiten heutzutage überhaupt noch beigebracht? Gerade als Berufsanfänger ist der Dschungel an Weiterbildungsmöglichkeiten, Zertifikaten und Zusatzqualifizierungen alles andere als einfach zu durchblicken. Und was ist am Ende überhaupt hilfreicher? Zunächst die Grundlagen theoretisch vermittelt zu bekommen oder stattdessen lieber den Sprung ins kalte Wasser zu wagen und Erfahrungen durch „training on the job“ zu erwerben? In diesem Beitrag stellen wir Ihnen daher die aus unserer Sicht 6 wichtigsten Zertifizierungen für Projektassistenzen näher vor. Auch haben wir erfahrene Experten und Führungskräfte befragt, worauf sie persönlich bei der Einstellung von Projektassistenzen am meisten Wert legen – Zertifizierungen, Praxiserfahrung oder eher doch ein Mix aus beidem und in welchem Verhältnis?

Die richtigen Fragen stellen, um die passende Zertifizierung zu finden

Die gute Nachricht schon einmal vorweg: als Projektassistenz sind viele Ihrer Kernaufgaben tatsächlich administrativer Natur. Erfreulicherweise bedeutet dies im Umkehrschluss, dass Sie viele Prozesse und Abläufe ganz gezielt und systematisch erlernen können. Um für sich selbst am besten abwägen zu können, in welcher Form das Erlernen idealerweise geschieht, ist es zunächst sehr wichtig, die Herausforderungen von Projektassistenzen im Tagesgeschäft genau zu verstehen. Dafür empfehlen wir Ihnen neben Erfahrungsaustausch mit Kollegen auch mal einen Blick auf unsere bisherige Sammlung an Projektassistenz-Beiträgen zu werfen.

Auch ist es im Rahmen dieser Findungsphase sehr wichtig, sich die eigenen Stärken und Schwächen vor Augen zu führen. Denn je mehr Sie darüber wissen, desto gezielter lassen sie sich logischerweise angehen und gezielt weiterentwickeln. Vielleicht reicht Ihnen ja ein gezieltes Fokusseminar, um Ihr Wissen nur in einem Teilbereich aufzufrischen? Oder darf es doch das Rundum-Paket mit breiten Grundlagen in unterschiedlichsten Teilbereichen sein? Wie auch immer Ihre Entscheidung ausfällt – nehmen Sie sich im Vorlauf auf jeden Fall die nötige Zeit um die konkreten Bedürfnisse sauber herauszuarbeiten und die Entscheidung möglichst sorgfältig zu treffen.

Dieser Beitrag ist grundsätzlich als Denkanstoß für die Eigenrecherche zu verstehen und erhebt somit keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Zudem arbeiten wir mit keinem der genannten Anbieter zusammen und haben unsere Empfehlungen daher auch vollkommen unabhängig getroffen und für Sie zusammengestellt.

Maßgeschneiderte Zertifizierungen für Projektassistenzen

Wie eingangs bereits erwähnt, gibt es auf dem Markt ein sehr breites Angebot unterschiedlicher Weiterbildungseinrichtungen und Zertifizierungsprogramme. Viele Lehrgängen und Zertifikate decken rein inhaltlich betrachtet jedoch höchstens Teilbereiche des Arbeitsalltags von Projektassistenzen ab. Deswegen haben wir uns in dieser Übersicht auf insgesamt sechs maßgeschneiderte Zertifizierungen konzentriert, die aus unserer Sicht am besten zur Weiterbildung und als aussagekräftiger Nachweis von Fachkenntnissen aus dem Bereich Projektassistenz geeignet sind. Um eine leichtere Vergleichbarkeit zu gewährleisten (und gleichzeitig den inhaltlichen Rahmen dieses Beitrags nicht zu sprengen 😉), haben wir einheitliche Merkmale zur Vorstellung der verschiedenen Zertifizierungen definiert und auch die jeweiligen Lehrinhalte in Oberpunkten zusammengefasst:

 

Geprüfte Projekt-Assistenz

Bescheinigung: Zertifikat mit Benotung nach erfolgreicher Prüfung
Anbieter:Akademie für die Deutsche Wirtschaft GmbH
Ziele & Module:Grundlagen Projekt- und Zeitmanagement | Change-Management | Planung, Steuerung und Controlling von Projekten | Besprechungs- und Kommunikationsmanagement | Tipps und Übungen für Präsentationen
Art der Prüfung:Schriftlicher Test
Anwesenheit:Präsenz (ganztägig)
Dauer: 4 Tage
Kosten (netto):1.580,00€

Projekt-Assistenz (IHK)

Bescheinigung:IHK-Zertifikat nach erfolgreicher Prüfung
Anbieter:secretary management institute – Ein Geschäftsbereich der EUROFORUM Deutschland SE
Ziele & Module:Projektdurchführung allgemein | Projektabläufe lenken und überwachen | Einführung in die Schnittstelle Projektassistenz | Zeitmanagement | Systematische Zusammenführung und Weitergabe von Informationen
Art der Prüfung:Projektarbeit und Fachgespräch
Anwesenheit:Präsenz (ganztägig)
Dauer:5 Tage
Kosten (netto): 3.299,00€
Besonderheit:Praxisnahe Zertifizierung mit Checklisten und Arbeitshilfen zum Mitnehmen | Beispiele und Probleme aus dem eigenen Unternehmen können mit ins Seminar gebracht werden


Professionelles Officemanagement (IHK)

Bescheinigung:IHK-Zertifikat nach erfolgreicher Prüfung
Anbieter:Bildungszentrum der IHK Bonn/Rhein-Sieg
Ziele & Module:Einführung und Lerntechniken| Selbst- und Zeitmamagement | Effiziente Chefentlastung | Veranstaltungsorganisation | Professionelle Projektassistenz | Kommunikation und Konfliktmanagement | Präsentation und Repräsentation |
Art der Prüfung:Schriftlicher Test und Abschlusspräsentation
Anwesenheit:Präsenz (Freitag Abend)
Dauer:6 Monate (insg. 104 Unterrichtsstunden)
Kosten (netto):1.350,00€

Projektassistenz-Lehrgang

Bescheinigung:Zertifikat nach erfolgreicher Prüfung
Anbieter:next level holding GmbH
Ziele & Module:Projekte planen und starten | Projektorganisation inkl. Ressourcenplanung | Projekte steuern und abschließen | Projektmarketing | Wahlmodul: Konfliktmangement / Microsoft Project / Meetings effizient durchführen / Vorbereitung für IPMA-, PMI- oder PRINCE2-Zertifizierung.
Art der Prüfung:schriftlicher Test vor Ort
Anwesenheit:Präsenz (3 Termine, ganztägig)
Dauer:6 Tage
Kosten (netto):2.570,00€
Besonderheit:Präsenzseminar an unterschiedlichen Orten und Zeitpunkten möglich | 42 Professional Development Units und 48 Qualifying Hours enthalten (beides anrechenbar für die IMPA Re-Zertifizierung)

Professionelles Büromanagement (IHK)

Bescheinigung:IHK-Zertifikat nach erfolgreicher Prüfung
Anbieter:IHK Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein
Ziele & Module:Effiziente Chefentlastung | Projektassistenz: Grundlagen Projektmanagement & Teamarbeit | Selbst-, Ziel- und Zeitmanagement | Techniken zur Präsentation und Repräsentation | Kommunikation und Konflikte
Art der Prüfung:schriftlicher Test vor Ort und Abschlusspräsentation
Anwesenheit:Präsenz (Mittwoch abends, Samstag vormittags)
Dauer:4-5 Monate (130 Unterrichtsstunden)
Kosten (netto):975€
Besonderheit:Präsenzseminar an unterschiedlichen Orten und Zeitpunkten möglich

Lehrgang Projektassistenz

Bescheinigung: Zeugnis mit Benotung nach erfolgreicher Prüfung
Anbieter:Berufsförderungsinstitut Wien
Ziele & Module:Grundlagen Projektmanagement inkl. IPMA Terminologie | Die Rolle der Projektassistenz im Team | Planung und Controlling von Projekten | Dokumentenmanagement | Durchführung Projektabschluss |Moderation & Kommunikation vor, nach und während Projektmeetings
Art der Prüfung:schriftlicher Test vor Ort
Anwesenheit:Präsenz (3 Nachmittage pro Woche)
Dauer:5 Wochen (70 Unterrichtseinheiten)
Kosten (netto):1.790,00€
BesonderheitDieser Kompaktlehrgang ist mit 5,5 ECTS durch die WeiterBildungsAkademie Österreich akkreditiert.
Wussten Sie eigentlich, dass nicht nur Studenten BAföG beantragen können? Nutzen Sie doch mal den kostenlosen Förderrechner und finden Sie heraus,  ob sich auch Ihre berufliche Weiterbildungsmaßnahme mit staatlichen Zuschüssen fördern lässt.

Zertifizierungen für Projektassistenzen – Top oder Flop?

Nachdem wir nun eine Reihe von Zertifizierungen für Projektassistenzen näher betrachtet haben, bleibt natürlich noch eine große Frage zu klären: wie wichtig und vor allem aussagekräftig sind diese Zertifikate eigentlich wirklich für die eigene Karriere? Und worauf genau schauen Personaler bzw. Projektleiter, wenn eine Position als Projektassistenz zu vergeben ist? Zählt hier am Ende nur die reine Berufserfahrung, die Qualität und Anzahl an Zertifikaten – oder sogar doch beides?

Zunächst möchten wir unsere ganz persönliche Erfahrung als Personalvermittler mit Ihnen teilen. Es schadet grundsätzlich nie, sich ein wenig breiter aufzustellen, als es normalerweise üblich ist. Das heißt konkret für Sie als Projektassistenz: wenn Sie die Möglichkeit haben, im Laufe Ihrer Berufslaufbahn Zertifikate und Nachweise über Kernbereiche Ihrer Arbeit oder Zusatzqualifikationen zu erlangen, dann sollten Sie dies auch auf jeden Fall tun! Getreu dem Motto: „was man hat, das hat man“. Denn im Vergleich zu vielen Ländern ist Deutschland nach wie vor noch ein relativ konservatives Land, vor allem in Bezug auf Anlagen zum Lebenslauf und schriftlichen Nachweisen. Das heißt umgekehrt aber nicht, dass Zertifikate grundsätzlich den Ersatz für fehlende Arbeitserfahrung bilden können und sollten. Viel mehr können Zertifikate im Falle des Falles den Ausschlag zugunsten eines Kandidaten geben und Ihr mit relevanter Arbeitserfahrung gespicktes Profil sinnvoll und ansprechend abrunden.

Ähnlich sieht das auch GULP, in deren Datenbank sich über 29.000 registrierte freiberufliche IT-Bewerber aus den Bereichen Projektleitung, Organisation und Koordination befinden. Schaut man hier vor allem auf die unter freiberuflichen Projektmanagern am häufigsten (!) verbreiteten Zertifizierungen (namentlich IPMA, PMI, PRINCE2), so ist der Anteil an Zertifikatsträgern mit rund 2,5% wirklich auffallend niedrig.

Im Gegensatz dazu zeigt ein Blick auf den Stundensatz-Rechner, dass die Zertifizierungen ein leichtes Plus im geforderten Stundensatz seitens der freiberuflichen Kandidaten bewirken:

GULP Stundensatzkalkulator

Natürlich lassen sich oben abgebildeten Stundensätze und Zertifizierungsgrade nicht eins zu eins auf die Funktion der Projektassistenz übertragen. Trotzdem bleibt festzuhalten: die Tendenz bei IT-Freiberuflern mit relevanten Zertifikaten geht zu geringfügig höheren Stundensätzen. Folglich sind Zertifikate auch eine überlegenswerte Investition in die eigene, besser bezahlte Zukunft. Um zu viel Euphorie aber direkt vorzubeugen: rein statistisch betrachtet hat der Erwerb von Zertifikaten keine signifikanten Auswirkungen auf die Anzahl der Projektanfragen unter IT-Freiberuflern. Hier entscheidet nach wie vor die Stimmigkeit des Gesamtpakets.

Um das Thema abschließend noch mit Erfahrungen und Ansichten aus der Praxis anzureichern, war es uns wichtig, zu diesem Thema auch noch mit externen Führungskräften auf der Arbeitgeberseite zu sprechen. Nachfolgend ein paar Zitate und grundsätzliche Meinungen zum Thema „Zertifizierungen bei Projektassistenzen“ aus Sicht der einstellenden Entscheider:

Arne Lakeit, Senior Advisor der taskforce AG, ehemaliger Top-Manager bei Audi

„Meine Meinung und gelebte Erfahrung:

  • Wichtigkeit von Zertifikaten bei Mitarbeitern: positiv, wenn vorhanden – aber kein Grund, jemanden nicht zu rekrutieren, wenn nicht vorhanden.
  • Auswirkung von Zertifikaten auf Gehalt: Menge = 0, Relevanz, Qualität = kann Berücksichtigung finden; d. h. eine hochwertig zertifizierte Methodenkompetenz hat jedenfalls Einfluss auf das Entgelt.

Präferenz beim Rekrutieren: ich stelle lieber erfahrene Menschen ein – fehlende Methodenkompetenz und/oder deren Testat lassen sich relativ kurzfristig nachholen, Arbeitserfahrung muss man er-leben!“


Uwe Sunkel, Geschäftsführer der Vermittlungsplattform expertence und erfahrener HR-Interimsmanager

„Der Trend in den HR-Abteilungen ist schon seit einigen Jahren „Hire for attitude and train for skills“ – d. h. Zertifizierungen, Zeugnisse und Abschlüsse haben eigentlich keinen Einfluss mehr auf die Auswahlentscheidung. Die Entscheider suchen vielmehr überzeugende Persönlichkeiten, die sich die gesuchten Fähigkeiten sukzessive aneignen. Insofern würde ich dem Thema eher eine untergeordnete Bedeutung beimessen.“


Heinrich Schülen, sehr erfahrener Manager mit Beratungs-, Projekt- und Linienerfahrung

Zustimmung zur Einschätzung, dass Erfahrung und Persönlichkeit wichtiger sind als Zertifikate. Ergänzung: handelt es sich um sehr stark formal arbeitende Kunden (z. B. mit Staatsaufträgen mit hohen QA-Anforderungen, am stärksten bei Verteidigung), so ist die Grundlagenkenntnis der Formalismen nahezu unerlässlich.“


Falk Janotta, sehr erfahrener IT-Interimsmanager und Projektleiter

Ich halte vom Wissenserwerb im Rahmen einer Zertifizierung sehr viel. Denn es verbreitert die theoretische Basis der Projektassistenz und erhöht ihr Selbstvertrauen. Ich halte ein Zertifikat zum Vorzeigen und Anhängen dagegen für nutzlos! Es hat für mich keine Aussagekraft, weil so viele Fragen offenbleiben: was ist genau wie gelehrt und dann geprüft worden? Wie erfahren und kompetent ist der Lehrer? Welche Referenzen und Bewertungen gibt es für den jeweiligen Anbieter? Ich verlasse mich lieber auf meine Menschenkenntnis und mein Bauchgefühl und spreche mit der einzusetzenden Projektassistenz eingehend und aufgabenbezogen.


Fazit

Im Kern der Sache sind sich also Personaldienstleister, Arbeitgeber und leitende Entscheider absolut einig: ausgeprägte Arbeitserfahrung in relevanten Industrien und Projekten ist ein absolutes Muss für professionelle Projektassistenzen, die sich mit passenden und relevanten Zertifikaten sehr schön abrunden lässt. Wenn die Kombination aus beidem stimmt, hat dies in der Regel auch direkte Auswirkungen auf die Höhe der Bezahlung. Dies ist aber selbstverständlich kein Garant, sondern variiert je nach Einzelfall. Denn im Zweifel gilt auch heutzutage aus Sicht eines Arbeitgebers: „Hire for attitude and train for skills“. Bringen Sie also die richtige Einstellung und Persönlichkeit mit, ist schonmal eine ganze Menge gewonnen. Den Rest ihres Erfolgs machen Ihre individuelle Arbeitserfahrung, Empfehlungsschreiben und nicht zuletzt auch einschlägige Zertifizierungen aus.


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