Wer nicht wagt, der nicht gewinnt…

Diesen Spruch kennt man sicher zur Genüge aus dem eigenen Umfeld. Wir alle haben in unserem Leben schon riskante Entscheidungen getroffen, die in den meisten Fällen hoffentlich auch gut gegangen sind. Aber ein komplett risikofreies Leben? Das wird es vermutlich niemals geben. Gerade im beruflichen Umfeld des Projektmanagements ist es daher wichtig, Risiken nicht grundsätzlich negativ zu betrachten, sondern den richtigen Umgang mit ihnen zu lernen. Wie genau Sie Risiken durch Projektrisikomanagement handeln, erfahren Sie hier.

Risiko im Kontext von Projektmanagement

Wie die Einleitung bereits richtig vorwegnimmt: unser Leben steckt voller Risiken, auch in der Welt des Projektmanagements ist dies nicht anders. Daher überrascht es auch kaum, dass sowohl die Planung als auch die Durchführung von Projekten grundsätzlich mit Chancen und Risiken verbunden ist. Aus Sicht eines Projektmanagers lassen sich Risiken wie folgt definieren:

„Als sogenannte Projektrisiken bezeichnet man all jene (Nicht-)Abwägbarkeiten, die sich im Zuge der Durchführung eines Projekts auf das Projektziel selbst oder auch auf Teile eines Projektes auswirken können.“

Mit anderen Worten gesagt beziehen sich Projektrisiken also auf ein mögliches Negativ-Ereignis der Zukunft. Die Eintrittswahrscheinlichkeit ist dabei stets größer als 0% und kleiner als 100%. Grundsätzlich wirkt sich auch jedes Risiko negativ auf das gewünschte Ergebnis aus. Sollte das Gegenteil eintreten, handelt es sich nämlich um eine Chance. Die klassischen Bereiche, die im Projektmanagement durch das Eintreten von Risiken betroffen sind, lassen sich untergliedern in Dauer, Qualität der Leistung und Gesamtkosten des Projekts. Da jedes einzelne Projekt im Unternehmen den unterschiedlichsten Risiken ausgesetzt ist, besteht aus Sicht der Projektleitung verständlicherweise großes Interesse daran, diese Risiken zu vermeiden, um den Projekterfolg zu sichern.

Mit Blick auf Projektrisikomanagement muss daher auch grundsätzlich unterschieden werden zwischen strategischer und operativer Betrachtungsweise.

Im aktuellen Blogbeitrag liegt der Fokus verstärkt auf strategischem Projektrisikomanagement. Nähere Informationen und Praxisbeispiele aus dem operativen Projektrisikomanagement folgen in den kommenden Wochen noch in einem gesonderten Beitrag. Tragen Sie sich dafür auch gerne in unseren Newsletter ein, um bequem informiert zu werden, sobald neue Beiträge veröffentlicht werden!

Strategisches Projektrisikomanagement

Das strategische Projektrisikomanagement ist grundsätzlich sehr umfassend und komplex, denn es betrachtet die Summe aller einzelnen Projektrisiken. Die Unternehmensführung hat hier die Aufgabe, alle in Betracht kommenden Projektrisiken richtig

• zu identifizieren,
• zu bewerten,
• zu priorisieren,
• handzuhaben

sowie die einheitliche Dokumentation und die Kommunikation auf allen Ebenen sicherzustellen. Weiterhin basiert das strategische Projektrisikomanagement auf Daten und Erfahrungen des operativen Risikomanagements, um sich kontinuierlich verbessern und weiterentwickeln zu können. Alle Entscheidungen, die auf strategischer Ebene getroffen werden, bilden somit die Grundlage für die operative Umsetzung. Genau aus diesem Grund kommt dem strategischen Projektrisikomanagement auch ein hoher Stellenwert im Unternehmen zu. Denn wirksames und effektives Projektrisikomanagement stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar, um die langfristige Zielsetzung überhaupt zu erreichen.

Dieser Prozess bedarf aufgrund der hohen Anzahl an möglichen Projektrisiken einer kontinuierlichen, systematischen und proaktiven Herangehensweise. Deswegen ist strategisches Projektrisikomanagement grundsätzlich auch zu unterscheiden vom Krisenmanagement – dieses stellt wiederum ein reaktives Instrument dar, und greift folglich immer erst NACH Eintreten eines Risikos.

Vorsicht Verwechslungsgefahr
Aus Management-Perspektive ist es wichtig, verschiedene Risiken richtig einzuordnen: sämtliche Unternehmensrisiken, die keinem konkreten Projekt zugeordnet werden können, müssen gesondert betrachtet werden und sind deswegen auch explizit kein Bestandteil des Projektrisikomanagements!

Grundelemente im strategischen Projektmanagement:

Durch die Unterteilung des strategischen Projektmanagements in seine Grundelemente, soll ein unternehmensweites und einheitliches Verständnis für Projektrisiken geschaffen werden. Das Ziel dieser Vereinheitlichung ist eine grundsätzliche Verbesserung hinsichtlich der Transparenz. Auch können dadurch horizontale, also operative, Zusammenhänge und Wechselwirkungen im Unternehmenskontext deutlich gemacht werden. Die vier Grundelemente im strategischen Projektrisikomanagement lauten wie folgt:

1) Ziele und Grundsätze des Projektrisikomanagements klar definieren
Die erste Aufgabe der Unternehmensführung ist es, die unterschiedlichen Risikokategorien des Unternehmens eindeutig zu definieren. Dazu gehört neben dem Festlegen von Schwellen – in Form klar definierter Sicherheitsgrößen – auch die Entwicklung konkreter Gegenmaßnahmen bei Überschreitung der Schwellenwerte. Des Weiteren beinhaltet es die Vergabe von Aufgaben und konkreten Zuständigkeiten unter Einbezug der intern verfügbaren Fähigkeiten bzw. Kapazitäten. Es ist ratsam, hierfür sowohl Projektmitarbeiter als auch Führungskräfte aller Hierarchielevel hinzuzuziehen, um ein möglichst vollständiges Bild der Situation zu bekommen und die Akzeptanz auf allen Ebenen zu gewährleisten.

2) Organisation
Die Organisation dient als Grundlage für die Umsetzung aller vorab definierten Ziele und Grundsätze des Projektrisikomanagements. So umfasst die Organisation beispielsweise die Abbildung der Zuständigkeiten und Kompetenzen in Form eines Organigramms. Eine weitere Aufgabe ist die Entwicklung sowie die Einführung von Leitfäden für das Projektrisikomanagement. Durch die aktive Unterstützung des Managements kann einerseits der aktive Einsatz von Leitfäden im täglichen Regelprozess des Projektmanagements angeregt werden. Andererseits tragen diese klaren Vorgaben zur Verbesserung von internen Lernprozessen und Reporting-Strukturen bei. In diesem Rahmen sollten auch geeignete Qualifizierungsprogramme für Mitarbeiter in Betracht gezogen werden, um Etablierung und Wissen von Projektrisikomanagement weiter voran zu treiben.

3) Umsetzung
Als nächstes gilt es – auf strategischer wie auch auf operativer Ebene – die einheitlich standardisierten Prozesse in die Praxis umzusetzen. Die Prozesse sind dabei grundsätzlich von Faktoren wie Branche, Größe, Form und dem Hierarchieaufbau des Unternehmens abhängig. Daher variiert die konkrete Prozess-Ausgestaltung im Projektrisikomanagement auch sehr stark. Dennoch können vier grundsätzliche Stufen eines typischen Prozessmodels ausgemacht werden, die sich klar voneinander abgrenzen und unterscheiden.

Prozessmodell des Projektrisikomanagements

Um im ersten Schritt die Projektrisiken korrekt und frühzeitig zu identifizieren, eignet sich der Einsatz (teilweise auch die Kombination) von Checklisten, Fragebögen, strukturierten/offenen Interviews, Workshops, sowie die Auswertung von Kennzahlen und internen bzw. externen Dokumenten. Um die Qualität bei der Identifikation von Projektrisiken aufrecht zu erhalten, bieten sich regelmäßige Statusmeetings und Reportings an. Dadurch kann zudem auch frühzeitig auf neue oder sich verändernde Risiken reagiert werden.

Im zweiten Schritt gilt es, die Projektrisiken zu analysieren, das heißt, die Risiken in (vorab vom Management) festgelegte Kategorien einzuordnen. Hier gilt das Maß des wirtschaftlichen Handelns: nicht jedes potentielle Risiko bedarf einer sofortigen Handlung. Vielmehr gilt es, die Risiken richtig zu bewerten und zu priorisieren, in Abhängigkeit der verfügbaren Mitarbeiterkapazitäten und nicht zuletzt auch einer Kombination aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungen auf das Projekt.

Folgende Tabelle dient als Beispiel für eine Kategorisierung von Projektrisiken:

Die Risiken 1-6 aus der obenstehenden Tabelle lassen sich auch graphisch abbilden, in einer sogenannten Projektrisiko-Matrix. Dafür werden die einzelnen Risiken entsprechend ihrer Auswirkung und der Eintrittswahrscheinlichkeit in unterschiedliche Handlungskategorien unterteilt:

Projektrisiko-Matrix

Wie aus der Projektrisiko-Matrix hervorgeht, besteht vor allem für die Risiken R4, R5 und R2 ein akuter Handlungsbedarf. Klassifiziert man diese drei Risiken noch einmal untereinander, so wäre hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. Auswirkung eindeutig R5 das Risiko, dem man sich zuallererst widmen sollte. Darüber hinaus sollten auch R1 und R3 sorgsam beobachtet werden, um im Ernstfall – durch die Zunahme von Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung – schnell und angemessen reagieren zu können. Einzig R6 bedarf von der Klassifizierung her aktuell keiner weiteren Handlung. Vor allem für R6 gilt (wie bereits angesprochen) das Maß des wirtschaftlichen Handelns, um Kapazitäten zu schonen anstatt diese unnötig auszulasten.

Kostenloses Tool für die Praxis
Es gibt im Internet eine Vielzahl kostenloser Tools mit dem Schwerpunkt Risikoanalyse von Projekten. An dieser Stelle sei auf die praktische Vorlage „Risikoanalyse und Risikoregister“ der Firma ayonik verwiesen, welches man unter folgendem Link bequem herunterladen kann.

Der dritte Schritt der Umsetzung betrifft die richtige Auswahl und Anwendung von Maßnahmen zur Handhabung von Projektrisiken. Da nicht alle Maßnahmen für jeden Risikofall geeignet sind, unterscheidet man zwischen unterschiedlichen Zieldimensionen:

• Maßnahmen zur Projektrisikovermeidung oder -verminderung
• Maßnahmen des Projektrisikotransfers (an Dritte)
• Projekteinstellung wegen überschrittener Abbruchkriterien

Hier ist zu beachten, dass das Einleitung und Durchführen entsprechender Maßnahmen durchaus auch neue Projektrisiken mit sich führen kann. Diese neuen Risiken sind bei der Entscheidungsfindung dringend mit einzubeziehen. Denn grundsätzlich führt das Eintreten von Projektrisiken für das Unternehmen stets zu erschwerten Umständen. Diese Projektrisiken lassen sich dabei wiederum in folgende Kategorien bzw. Auswirkungen aufschlüsseln:

• Überschreitung der geplanten Projektkosten
• Nichterreichen der definierten Meilensteine und Zieltermine
• Unterschreitung der vereinbarten Leistungsziele

Im vierten Schritt sind grundsätzlich sämtliche Aspekte des Controllings, also Überwachung von Projektrisiken und Berichterstattung, enthalten. In anderen Worten erfolgt hier also die Erfolgskontrolle der ggf. eingeleiteten Maßnahmen und die generelle Effizienz im Projektrisikomanagement wird kritisch betrachtet.

4) Überprüfung und kontinuierliche Weiterentwicklung
Um sicherzustellen, dass mithilfe des Projektrisikomanagements die Projektrisiken nicht nur frühzeitig erkannt, richtig gehandhabt und vollständig kommuniziert werden, bedarf es regelmäßiger Überprüfung.

Hierbei sollte vor allem den Mitarbeitern aus dem operativen Tageschgeschäft ein offenes Ohr geschenkt werden, da diese tagtäglich mit Risiken umgehen. Sollte eine merkliche Abweichung zwischen Theorie und tatsächlicher Anwendung im Tagesgeschäft festgestellt werden, gilt es zeitnah zu handeln. So können zusätzliche Negativfolgen durch falsch eingeschätzte Risiken vermieden werden, was die Akzeptanz des Projektrisikomanagements innerhalb der Belegschaft stärkt.

Eine der Hauptaufgaben im Kerngeschäft des Projektleiters ist das permanente Hinterfragen, Anpassen und Überprüfen von Projektrisiken. Dabei empfiehlt es sich mitunter auch, Projektexterne, also Kollegen und Mitarbeiter, die nicht direkt am Projekt beteiligt sind, zu Rate zu ziehen. Die Beteiligung Dritter (auch von extern) ist deswegen so ratsam, weil dadurch neue Perspektiven und Sichtwinkel auf Risiken entwickelt werden können – Stichwort: Betriebsblindheit. Auch kann mithilfe externer Unterstützung die Vertuschung von Risiken im Projektalltag besser aufgedeckt werden.

Eine weitere „externe Instanz“, die sich hervorragend zur Überprüfung und kontinuierlichen Weiterentwicklung eignet, ist das PMO. Neben seiner Funktion als Organisationseinheit und Kommunikator zwischen strategischem und operativem Projektrisikomanagement, kann das PMO durch seine zentrale Position auch das Controlling von Projektrisiken unterstützen. Zusätzlich zur Sicherstellung hochwertiger Reporting-Qualität umfasst dies auch die Weitergabe von Knowhow, indem neue Erkenntnisse aus der Projektpraxis allgemein zugänglich gemacht werden. Basierend auf diesen Erkenntnissen und den Vorgaben des strategischen Projektrisikomanagements, umfasst eine weitere Aufgabe des PMO konkrete Handlungsleitfäden für das operative Tagesgeschäft stetig und projektspezifisch anzupassen.

Software-Unterstützung

Neben simplen Papierlösungen für den Arbeitsalltag gibt für das Projektrisikomanagement auch viele bestehende Softwarelösungen. Hierzu zählt die beispielsweise die Integration von Projektrisikoschritten in das interne Projektmanagement- oder Management-Informations-System. Dies ist gerade dann besonders erfolgreich, wenn die Abbildung sämtlicher projektbezogener Informationen einheitlich in nur einem System geschieht. Mindestens genauso essentiell ist dabei auch eine hohe Nutzerakzeptanz durch schlüssige Eingabekriterien und eine intuitive Benutzbarkeit. Negativbeispiele hierfür wären die unnötige Mehrfacheingabe von Daten, eine zu komplizierte Bedienbarkeit, zu viele Freitextoptionen oder unsauber bzw. unvollständig abgebildete Schritte bei der Datenaufnahme.

Gelingt die Abbildung der Projektrisiken in die bereits verwendete Projektmanagement-Software, so ist es ratsam, die Risikoüberprüfung in Teilprozessen wie der Planung oder dem Controlling mit einzubauen. Zur weiteren Akzeptanzsteigerung tragen regelmäßige Schulungen und Einweisungen sowie ein aktiv vorgelebtes Projektrisikomanagement seitens der Projektleiter und Führungskräfte.

Fazit

Erfolgreiches Projektrisikomanagement spielt eine wichtige Rolle, um die kurz-, mittel- und langfristigen Unternehmensziele zu erreichen. Durch frühzeitiges Erkennen und die richtige Handhabung können schwerwiegende Folgen für das Unternehmen häufig abgewendet werden. Und genau das ist von essentieller Wichtigkeit, denn meist folgt im Fall des Eintritts von gravierenden Projektrisiken auf das eine Übel schon das nächste. Neben öffentlichen Imageverlusten und Kundenunzufriedenheit sind auch die eigenen Projektmitarbeiter schnell demotiviert. Dies kann zum kompletten Projektabbruch führen, was sich in Summe natürlich negativ auf den Unternehmenserfolg auswirkt. Auch drohen kostspielige Rechtsstreitigkeiten oder Vertragsstrafen, falls große Teile der vereinbarten Leistung nicht erfüllt werden konnten. Um genau diesen angesprochenen Worst-Case zu vermeiden, ist es wichtig das Projektrisikomanagement in allen Bereichen des Unternehmens aktiv zu leben. Gleichzeitig sollten die Prozesse kontinuierlich weiterentwickelt und einheitlich unter Zuhilfenahme geeigneter Software implementiert werden. Auch ein Blick über den Tellerrand kann hier durchaus nützlich sein – projektexterne Kollegen, ein PMO oder auch externe Drittparteien helfen dabei, das implementierte Projektrisikomanagement objektiv und kritisch zu hinterfragen.